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Liberalisierung und Privatisierung der kommunalen Wasserversorgung

CDU Arbeitskreis Umwelt Technik und Verkehr, Frank Hörter

Nach dem Willen der EU und des Bundeswirtschaftsministeriums ist nach der Liberalisierung des Strom–, Gas– und Telekommunikationsmarktes auch der Wassermarkt vorgesehen.

Im Unterschied zur bisherigen Liberalisierung der Märkte findet die Versorgung mit Trinkwasser in geschützten Gebietsmonopolen statt und wird im wesentlichen durch die Kommunen kontrolliert. Für die Wasserversorgung gilt - im Unterschied zu Strom und Gas - § 103 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in alter Fassung von 1990 fort; er stellt die Gebietsmonopole von den Regeln des allgemeinen Kartellrechts frei.

Derzeit versorgen zwischen sechs- und siebentausend überwiegend kommunale Unternehmen
Deutschland mit Trinkwasser. Auch im internationalen Vergleich ist die Trinkwasserqualität besonders hoch. Das Versorgungsnetz ist flächendeckend und in gutem Zustand.

Erster Schritt zur Liberalisierung der Wasserversorgung ist das vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebene Gutachten „Optionen, Chancen und Rahmenbedingungen einer Marktöffnung für eine nachhaltige Wasserversorgung“.

Das Gutachten fordert einen Verzicht der Kommunen auf das Selbstverwaltungsrecht in der Wasserversorgung als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge. Es soll sowohl ein Wettbewerb „Um den Markt“  (d.h. um einzelne Versorgungsgebiete) als auch einen Wettbewerb „ Im Markt“  (d.h. um einzelne Verbraucher) geben. Die Gutachter gehen davon aus, dass durch den verstärkten Wettbewerb die Wasserpreise für die Verbraucher gesenkt würden und die deutsche Wasserwirtschaft insgesamt auf dem Weltmarkt konkurrenzfähiger würde.

Die Grundlagen dazu werden zur Zeit im Wirtschaftsministerium mit der geplanten Aufhebung von §103 des Wettbewerbsrechtes vorangetrieben. Außerdem wird erwogen, durch Änderungen des kommunalen Rechts und des Wasserrechts (WHG §19) unter dem behaupteten Leitziel verbesserter Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wasserwirtschaft der Kommerzialisierung, Liberalisierung und Privatisierung den Weg zu ebnen.
Unter Privatisierung wird nachfolgend die Wahrnehmung von Aufgaben der Wasserver– und -entsorgung durch Unternehmen privater Rechtsform verstanden. Dabei ist zwischen der „formellen“ Privatisierung (das Unternehmen befindet sich nach wie vor in kommunalem Eigentum, wird jedoch in eine private Rechtsform überführt) und der „materiellen“ Privatisierung zu unterscheiden  (die Kommune zieht sich ganz oder teilweise aus der Wahrnehmung ihrer ursprünglichen Aufgabe zurück und überträgt diese durch einen Verkauf des kommunalen Unternehmens an einen privaten Dritten).

Bei der Beteiligung Privater an der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben  (Privatisierung im materiellen Sinn) kommen verschiedene Organisationsmodelle in Betracht, die von der Kommune gewählt werden können.

Betreibermodell

Das Betreibermodell ist dadurch gekennzeichnet, dass die Leistung von einem privaten Unternehmen erbracht wird und die Gemeinde hierfür ein privatrechtliches Entgeld an dieses Unternehmen zahlt. Die Gebühren für die Dienstleistung werden von den Verbrauchern / Nutzern weiterhin an die Gemeinde entrichtet. Diese bleibt öffentlich – rechtlich zur Wahrnehmung der Aufgabe verpflichtet. Da sich im Betreibermodell unabhängige Vertragspartner gegenüberstehen, müssen die genauen Leistungsvorgaben Vertragsgegenstand werden.

Kooperationsmodell

Hierunter versteht man verschiedene Formen der Zusammenarbeit zwischen einer Gemeinde und einem privaten Unternehmen, wobei sich zwei Grundformen unterscheiden lassen. Ausgangspunkt ist jeweils die Gründung einer Gesellschaft in privater Rechtsform. Die Gemeinde hat innerhalb einer Variante über ihren Gesellschaftsanteil an der gegründeten Eigentumsgesellschaft direkten Einfluss auf die Leistungserbringung. In einer anderen Variante ist die Gemeinde lediglich Mitgesellschafterin einer Betriebsgesellschaft, die Anlagen von einem privaten Unternehmen pachtet.

Betriebsführungsmodell

Hierbei bleiben das Anlageneigentum und die Investitionsverantwortung zu 100% bei der Gemeinde. Die Betriebsverantwortung wird aber auf den privaten Partner übertragen, wobei dessen Marktkenntnisse genutzt werden. Der zu erbringende Leistungsumfang wird in einem Betriebsführungsvertrag einzelvertraglich geregelt.

Konzessionsmodell

Gerade im Bereich der Wasserversorgung wird mit Hilfe des Konzessionsmodells gearbeitet, durch das die Gemeinde einem privaten Wasserversorger ein „ Gebietsmonopol auf Zeit“ gewähren kann. Sie erlaubt diesem, im Gemeindegebiet die Wasserversorgung durchzuführen und vom Wasserbezieher entsprechende Entgelte einzubeziehen.

Ohne die Beteiligung Privater stehen der Kommune meist drei verschiedene Organisationsformen zur Verfügung:

Regiebetrieb

Der Regiebetrieb ist in die allgemeine Gemeindeverwaltung eingegliedert und kann als Abteilung der Verwaltung bezeichnet werden. Einnahmen und Ausgaben werden im allgemeinen Haushalt erfasst. Wegen der engen Zugehörigkeit zur gemeindlichen Verwaltungsstruktur ist der Regiebetrieb häufig nicht in der Lage, schnell und flexibel auf Entwicklungen zu reagieren.

Eigenbetrieb

Der Eigenbetrieb ist rechtlich ebenfalls Bestandteil der Gemeinde, jedoch im Gegensatz zum Regiebetrieb hinsichtlich der Organisation und Rechnungswesen weitgehend aus der allgemeinen Verwaltung herausgelöst. Der Eigenbetrieb wird als Sondervermögen der Gemeinde geführt und besitzt ein kaufmännisches Rechnungswesen. Es wird von einem Werkleiter geführt, der umfangreiche Kompetenz besitzt. Aufgrund seiner ausgegliederten Struktur ist der Eigenbetrieb flexibler und als effizientere Organisationsform einzustufen.

Eigengesellschaft

Als kommunale Eigengesellschaft wird ein Unternehmen in privater Rechtsform bezeichnet, dessen Eigenkapital vollständig von einer Gemeinde gehalten wird. In Frage kommen dabei nur Rechtsformen, bei denen die Haftung der Gemeinde beschränkt ist, also in erster Linie die GmbH und die AG. Sie ist formal von der Gemeinde getrennt, obwohl in ihren Aufsichtsgremien meist Verwaltungsbeamte und Ratsmitglieder sitzen. Sie erbringen im Auftrag der Gemeinde die Leistungen, für die sie von der Gemeinde ein privatrechtliches Entgelt erhält. Die Gebühren werden seitens der Verbraucher / Nutzer an die Gemeinde gezahlt.

Bei der Wasserversorgung handelt es sich um eine sogenannte pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe  (Pflichtaufgabe), welche der Gemeinde im Rahmen der ihr obliegenden Daseinsvorsorge übertragen wurde. Art. 28 Abs.2 GG verleiht den Gemeinden die Kompetenz, sich mit allen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft eigenverantwortlich zu befassen. Die Gemeinde muß bei der Übertragung der Aufgaben im Privatisierungsweg einen Entscheidungsvorbehalt vereinbaren, um die ihr als Pflichtaufgabe zugewiesene Aufgabe ordnungsgemäß wahrnehmen zu können. Dies geschieht meist durch vertragliche Vereinbarungen oder bei Gründung von Gesellschaften z. B. im Wege der mehrheitlichen Beteiligung der Gemeinde(z.B. 51% Beteiligung).

Unter Liberalisierung (des Wassermarktes) wird die Aufhebung der heutigen Gebietsmonopole der Wasserversorgung verstanden, die in den Kommunen ermöglichen, ausschließlich über die Art und Weise der Wasserversorgung in ihrem Territorium zu bestimmen. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen nimmt diese Monopole von den allgemeinen Bestimmungen des Wettbewerbsrechts aus und ermöglicht somit, dass in einer bestimmten Region nur ein Versorgungsunternehmen auftritt. Die Liberalisierung würde einen unmittelbaren Wettbewerb im Markt ermöglichen. Es ist davon auszugehen, dass der Übergang von einem Monopol zu einem liberalisierten Markt, bei gleichem Standart mit einem erheblichen Regulierungsaufwand verbunden ist. Damit ergeben sich Konflikte hinsichtlich der Zielsetzung der öffentlichen Verwaltung (Schlanker Staat).

Das Beispiel England zeigt, dass mehr Wettbewerb beim Lebensmittel Wasser negative Konsequenzen haben kann. Zu hohe Preise bei niedriger Qualität und schlechtem Zustand der Einrichtungen durch Minimalinvestition führen zu Beeinträchtigungen für die Umwelt und die Verbraucher. Fast der gesamte Umsatzzuwachs ging laut Regulierungsbehörde als Dividende an die Aktionäre. Bis heute hat in England nur jedes fünfte Haus einen Wasserzähler. 80 Prozent der Kunden erhalten pauschale Rechnungen. Das Rohrnetz ist so marode, dass 40 Prozent des Wassers versickern. Reparaturen werden nur im Notfall durchgeführt. Zurzeit sind einzelne Anbieter bestrebt, ihr Anlagevermögen wieder auf die öffentliche Hand zu übertragen. Der Grund hierfür ist in der Schwierigkeit zu suchen, die erforderlichen Mittel für die anstehenden Investitionen angesichts der Senkung der Preisobergrenze aufzubringen. In Potsdam hat die Stadt das Wasserexperiment mit einem privaten Wasser-Multi beendet. Nach drei Jahren kündigten die Stadtväter den Kooperationsvertrag mit dem privaten Anbieter Eurawasser. Die Preise waren nach der Teilprivatisierung in die Höhe gegangen - die Bürger auf die Straße.
Die Preise der Trinkwasserversorgung sind - durchschnittlich betrachtet – zu etwa 80% durch feste Kosten verursacht  (Kapitalkosten, Kosten für Aufbau und Unterhaltung des Leitungsnetzes etc.) Lediglich etwa 20% sind unmittelbar von der Menge des geförderten Wassers abhängig.

Die hohen Infrastrukturkosten führen zu der Situation, dass die Kosten für die Versorgung - vor allem des privaten Verbrauchers - im wesentlichen einem festen Betrag entsprechen, der durchschnittlich nicht sehr stark von der Verbrauchsmenge beeiflusst wird. Dies führte in der Vergangenheit bei sinkenden Verbrauchsmengen zu einer Erhöhung des Kubikmeterpreises, so dass Verbraucher trotz signifikanter Verbrauchsverringerungen im wesentlichen keine finanziellen Entlastungen erfahren haben.

In einem liberalisierten Markt könnten die Wasserversorgungsunternehmen daran interessiert sein die durch sie verkaufte Wassermenge zu erhöhen. Dies hätte allerdings zur Folge, dass eine deutliche Steigerung der Wassermenge dem Ressourcenminimierungsprinzip widersprechen und einer nachhaltigen Entwicklung entgegenstehen würde.

Der direkte Wettbewerb in einem Leitungsnetz und die damit einher gehende Mischung verschiedener Wässer verschlechtert die Trinkwasserqualität ebenfalls. Ob die bei der Mischung auftretenden rechtlichen, wirtschaftlichen, technischen und hygienischen Probleme zufriedenstellend gelöst werden ist zweifelhaft.

Die kritische finanzielle Situation der Kommunen belebt jedoch immer wieder die Diskussion über einen liberalisierten Markt, eine Privatisierung oder Teilprivatisierung der kommunalen Wasserversorgung.

Deshalb hat der Arbeitskreis Forderungen und Leitlinien erarbeitet um den Mandatsträgern eine Hilfestellung bei den wichtigen Entscheidungen zu geben.

Sicherlich ist es Notwendig die Strukturen und Abläufe der Wasserversorgungsunternehmen
zur weiteren Effizienzsteigerung zu optimieren. So schlummern möglicherweise bei Verwaltung und Gebührenerstellung noch Kostensenkungspotentiale. Eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit von Wasserversorgungsunternehmen ist am besten durch interne Maßnahmen, durch die Bündelung der Kräfte in Form von Kooperationen und Zusammenschlüssen und durch die Einbeziehung Dritter bei der Betriebsführung zu erreichen. Eine den Gemeinden aufgezwungene Liberalisierung im Sinne einer Marktöffnung wird abgelehnt.

Privatisierungen sind immer Einzelfallentscheidungen vor Ort. Sie beruhen stets auf einer Abwägung unterschiedlichster örtlicher Faktoren und berücksichtigen die zu erwartende Preisentwicklung für die Bürgerinnen und Bürger. Voll- und Teilprivatisierungen im Zusammenhang mit Strukturveränderungen in der kommunalen Wasserwirtschaft sind nur eine Möglichkeit und keinesfalls der Königsweg.

In der Agenda 21 ist in Kapitel 18 als ein wesentliches Merkmal einer nachhaltigen Wasserwirtschaft die Beteiligung aller Betroffener an wasserwirtschaftlichen Entscheidungen genannt. Die Mitwirkungsmöglichkeit der Öffentlichkeit bestimmt auch das Verhältnis der Verbraucher zu dem von ihnen bezogenen Wasser. Auch ist es empfehlenswert alle in der Wasserwirtschaft tätigen und die Feuerwehr in den Entscheidungsprozess mit einzubeziehen.

Eine sinnvolle Kooperationsmöglichkeit in Zusammenarbeit mit privaten Partnern ist nur dann gegeben, wenn diese fachkundig, leistungsfähig und vertrauenswürdig sind. Eine sorgfältige Vertragsgestaltung ist daher unabdingbar. Verträge sind auch so zu gestalten, dass ein Ausstieg jederzeit, auch finanziell möglich ist. Eine Entscheidung darüber soll allein bei den Kommunen und den betroffenen Bürgern vor Ort bleiben. 

Der Verlust der demokratischen Kontrolle der gemeindlichen Selbstverwaltungsorgane über die Unternehmen der kommunalen Daseinsvorsorge und über strategische Entscheidungen der Wasserver- und Abwasserentsorgung wird entschieden abgelehnt.

Nach Möglichkeit sollen die eigenen Quellen auch als Notversorgung der Bevölkerung erhalten bleiben. Dezentrale Wasserversorgungsanlagen sind, auch im Hinblick auf Gefährdungen unbefugter Dritter, für die Verbraucher noch die sichersten.

Kommunale Leistungsvergleiche, Kooperationen und verstärkte Zusammenarbeit der Städte und Gemeinden. Hierdurch wird die Möglichkeit eröffnet, von den Erfahrungen anderer kommunaler Wasserversorger zu profitieren.

Nationale Alleingänge bei der Umsetzung europäischer Vorschriften müssen auch aus Kostengründen unterbleiben.

Mehr Transparenz der Wasserversorgungsunternehmen durch Information der Öffentlichkeit über die Leistungen und Kosten der Wasserversorgung.

Die Zusammenführung von Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung führen zur Nutzung von Synergien und zur Optimierung der Struktur. Dies ist aber durch die Steuergesetzgebung gebremst. Deshalb ist die steuerliche Gleichbehandlung bei einem ermäßigten Steuersatz herbeizuführen.

Fiskalische Sonderlasten wie z.B. Wasserpfennige müssen zweckgebunden zum Schutz der Trinkwasserressourcen eingesetzt werden.



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